Rechter Terror hat Tradition: zur Ermordung von Rosa Luxemburg und Karl Liebknecht

Heute vor 100 Jahren, am 15. Januar 1919, wurden Rosa Luxemburg und Karl Liebknecht in Berlin ermordet. Rechte Bürgerwehren und Freikorps, die den Januaraufstand zerschlagen wollten, waren daran ebenso beteiligt wie militärische Truppen und der SPD-Politiker Gustav Noske. Einen guten Überblick zu den Geschehnissen damals gab vor wenigen Tagen ein Artikel in der FAZ (!), insbesondere zu den Verstrickungen der SPD empfehlen wir euch auch einen Artikel in der Zeitschrift »analyse & kritik«, sowie das taz-Interview mit dem Journalisten und Filmemacher Klaus Gietinger. Letzterer kommt übrigens demnächst nach Tübingen, zur Veranstaltung »Eine Leiche im Landwehrkanal. Die Ermordung der Rosa L.« der Rosa-Luxemburg-Stiftung Baden-Württemberg im Club Voltaire am 28. Januar. Lesenswert ist auch das Interview mit dem Spiegel aus dem Jahr 1962, in dem der Offizier Waldemar Pabst stolz davon berichtet, den Befehl zur Ermordung Luxemburgs gegeben zu haben. Dieser Waldemar Pabst wurde übrigens später zum Direktor von Rheinmetall, Freund von Göring, Waffenhändler, und MAD-Mitarbeiter. Er wurde für seine Taten nie gerichtlich belangt, sondern starb mit 90 Jahren in Frieden und Freiheit in der Bundesrepublik.

Rosa Luxemburg und Karl Liebknecht wurden zum Opfer rechten Terrors, weil sie an der Seite der Arbeiter*innen kämpften und sich gegen Nationalismus und Militarismus engagierten. Viele Narrative der damaligen konterrevolutionären Propaganda sind als Parallelen und Kontinuitäten auch heute noch sichtbar: Verschwörungstheorien, Antisemitismus, Hetze gegen die kosmopolitische Linke.

Zugleich wollen wir heute aber nicht in bloßen Helden- oder Märtyrerkult verfallen, nicht in naive Revolutionsromantik einstimmen und keinen erstarrenden Ritualismus pflegen, den einige gar als »linke Nekrophilie« bezeichnen. Stattdessen wollen wir die historische politische Leistung und die theoretischen Errungenschaften Luxemburgs und Liebknechts kritisch würdigen, vor allem ihren Einsatz für Frieden, Demokratie und gegen Nationalismus.

Auch unser Namensgeber Ernst Bloch hat in den Revolutionsjahren das politische Geschehen kommentierend begleitet. Der Philosoph Arno Münster hat die Geschichte der philosophisch-politischen »Wahlverwandtschaft« Ernst Blochs mit Rosa Luxemburg in einem 2002 erschienen Artikel dargelegt. Seine Untersuchungen der Aufsätze, die Bloch zwischen 1917 und 1919 in der Berner »Freien Zeitung« publizierte, belegen, dass dieser schon früh Lenin und die Bolschewiki kritisierte und vor dem Abgleiten der Russischen Revolution in eine bürgerliche Diktatur der Apparatschiks warnte – genau wie Rosa Luxemburg. Auch in anderen Aspekten ihrer theoretischen Ausrichtung verbindet die beiden einiges: die Verpflichtung zu Basis- und Radikaldemokratie im Gegensatz zum Bolschewismus, später oft als »Luxemburgismus« bezeichnet, wurde zum Wesenskern von Blochs politischem Denken, der sowohl in seiner Opposition zum DDR-Regime wie auch in der Unterstützung der antiautoritären Revolte der Studierendenbewegung immer wieder zum Vorschein kam.

Literatur

Arno Münster: »Ernst Bloch und Rosa Luxemburg. Kritische Erörterungen zu einer politischen Wahlverwandtschaft«, in: Bloch-Almanach 21/2002. Periodikum des Ernst-Bloch-Archivs, hrsg. von Karlheinz Weigand. Talheimer Verlag: Mössingen 2002.