Feuertaufe

Die Ernst-Bloch-Uni wird in einem absurden AfD-Antrag im baden-württembergischen Landtag erwähnt – zusammen mit Ende Gelände Tübingen, der Interventionistischen Linken Tübingen und der Grünen Jugend Baden-Württemberg. Wir freuen uns natürlich über diese Anerkennung als einzig rechtmäßige Universität in Tübingen!

Der Antrag, gestellt vom AfD-Landtagsabgeordneten Lars Patrick Berg, seines Zeichens Mitglied der Tübinger Studentenverbindung AV Guestfalia Tübingen, strotzt auch sonst vor inhaltlichen Fehlern: die hier erwähnten Slogans sind nicht im Rahmen der Kundgebung aufgetaucht, sondern schon einige Wochen zuvor, während noch die Räumung des Hambacher Forsts in vollem Gange war. Den Zusammenhang zur Demo stellten erst rechte Postillen, unter anderem die Junge Freiheit, her.

Interessant auch, welch prominente Rolle Boris Palmers Facebook-Einträge in der Antragsbegründung spielen. Es scheint fast so, als würden AfD-Abgeordnete hauptberuflich auf dessen Facebookseite lurken, um daraus dann sachlich falsche Anträge zu basteln. (Zur Facebook-Seite von Boris Palmer empfehlen wir natürlich auch den Vortrag von Nikolai Huke! Dienstag, 4.12., 20 Uhr, Kupferbau Hörsaal 21!)

Den originalen AfD-Antrag findet ihr hier.

Tübingen bleibt politisch! Unser Rückblick zur studentischen Vollversammlung am 14.11.2018

Vergangenen Mittwoch rief das Bündnis »Lernfabriken …meutern!« und der fzs zu bundesweiten Vollversammlungen auf, um unter anderem mehr Lehrende,  bedinungsloses Bafög und die Bekämpfung von Leerstand zu fordern. Auch Tübingen beteiligte sich. Rund 100 anwesende Student*innen aus unterschiedlichen Fachbereichen und politischen Zusammenhängen diskutierten ausführlich über die Forderungen des fzs. Größter Widerspruch herrschte über die Frage, ob man sich mit den utopisch klingenden Forderungen nicht unglaubwürdig mache. Auch wurde diskutiert, ob man sich an die gesetzlichen Beschränkungen halten sollte und die Forderungen daher auf sogenannte »Hochschulpolitik« begrenzen solle. Die Anwesenden schlossen sich schließlich mehrheitlich dem Antrag an und fügten hinzu: »Schluss mit Leistungsdruck in Schule, Ausbildung, Studium und Gesellschaft!« Die Tübinger Studierendenschaft bleibt damit #konkretUtopisch.

Der Studierendenrat war zwar Veranstalter dieser Vollversammlung und versuchte, mittels einer Einführung in seine und die universitären Strukturen, einen Überblick über Finanzen und einen – informativen und guten! – Vortrag über Mietrecht durch Prof. Dr. Huber von der Juristischen Fakultät der studentischen Vollversammlung einen Rahmen zu bieten. Die anwesenden Studierenden ließen sich aber durch vermeintliche rechtliche Grenzen – etwa, dass formal nur Forderungen an den Studierendenrat gestellt werden dürften – nicht mundtot machen. Nicht der StuRa, sondern nur sie selbst, so die Meinung aus dem Plenum, könnten sich befreien.

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Unser Grußwort zum 25. Geburtstag des Antifa-Referats Trier

Das großartige Referat für Antifaschismus und Antirassismus im AStA der Universität Trier feiert heute, am 16. November 2018, seinen 25. Geburtstag! Aus diesem Grund haben folgendes Grußwort nach Trier geschickt:

»Liebes Referat für Antifaschismus und Antirassismus an der Uni Trier,

›Hier wird breit gesehen. Die Zeit fault und kreißt zugleich. Der Zustand ist elend oder niederträchtig, der Weg heraus krumm. Kein Zweifel aber, sein Ende wird nicht bürgerlich sein.‹ Das schrieb Ernst Bloch 1934, als Jude und Kommunist gleich mehrfach von den Nazis verfolgt, im Schweizer Exil als Vorwort zu ›Erbschaft dieser Zeit‹. Er sollte recht behalten: wenige Jahre später verdeutlichten Eroberungskrieg und Massenvernichtung die Auswirkungen eines autoritären Nationalismus. Einige Jahre nach Kriegsende schrieb Bloch dann: ›Nur jenes Erinnern ist fruchtbar, das zugleich erinnert, was noch zu tun ist.‹ Die historische Erfarung autoritärer Formierung, das ›nie wieder!‹, sollte uns als Antifaschist*innen wichtigste Motivation sein.

Autoritäre Tendenzen in Politik und Gesellschaft betreffen auch Hochschulen und Universitäten. Der gesellschaftliche Rechtsruck hat direkte Auswirkungen auf uns als Studierende: altbekannte und vermeintlich „neue“ rechte Akteure versuchen dieser Tage, an den Hochschulen Einfluss zu gewinnen, öffentlich werden wissenschaftliche Disziplinen wie Gender Studies angefeindet, Studierendenschaften werden das Ziel staatlicher Repression. Darum ist eine hochschulpolitische Fundierung und Institutionalisierung antifaschistischer Praxis wichtiger denn je.

Antifaschismus und Antirassismus sind mehr als nur Abwehrkämpfe gegen die Feinde von Toleranz und Menschlichkeit, gegen die WidersacherInnen der Konkreten Utopie einer befreiten Gesellschaft – vielmehr bilden sie erst die Grundlage für vielfältiges hochschulpolitisches Leben. Nur eine nazifreie Hochschule ist schließlich eine, an der sich gut studieren, lehren und forschen lässt.

Dass ihr nun auf 25 Jahre kontinuierliche antifaschistische und antirassistische Praxis an der Hochschule zurückblicken könnt, ist der Wahnsinn! Wir gratulieren euch von ganzem Herzen und wünschen euch auch für die Zukunft viel Kraft für eure notwendigen Kämpfe.

Mit unseren 41 Jahren können wir es uns auch hoffentlich herausnehmen, euch einen Rat mit auf den Weg zu geben: Bleibt radikal!

In diesem Sinne – die besten Geburtstagsgrüße von der Ernst-Bloch-Uni an die Karl-Marx-Uni! Alerta!«

Verfassungsschutz spitzelt in der Hochschulpolitik

Wie gestern bekannt wurde, wurde in Göttingen ein V-Mann des niedersächsischen Verfassungsschutzes enttarnt. Der 24-jährige Student sei als »Vertrauensperson« (vulgo: V-Mann) aktiv gewsen, teilte die Gruppe »Basisdemokratische Linke« mit, die über zwei Jahre von ihm bespitzelt wurde.

Das Pikante: zwar gehört die Gruppe »Basisdemokratische Linke« der »Interventionistischen Linken« an, die vom Verfassungsschutz als »linksextremistisch« eingestuft wird, der Einstieg des Mannes in die linke Szene gelang jedoch über die Jugendgruppe »solid/Your Turn«, die offiziell gar kein Beobachtungsobjekt des Verfassungsschutzes ist.

Ebenfalls beachtenswert: die »Basisdemokratische Linke« entstand 2013 als Zusammenschluss unter anderem der Basisgruppen Germanistik und Geschichte an der Universität Göttingen – hatte also einen explizit hochschulpolitischen Hintergrund. Tatsächlich war der V-Mann auch im Bereich Hochschulpolitik aktiv, wie die Göttinger Aktivist*innen berichten.

»V-Leute in hochschulpolitischen Gremien? Das geht gar nicht«, twitterte der fzs heute. Dem können wir uns nur anschließen. Und außerdem: Verfassungsschutz abschaffen!

Nichts gelernt

Wie das Schwäbische Tagblatt berichtet, darf der Geschwister-Scholl-Platz vor der Neuen Aula ab sofort nur noch für Demonstrationen mit Bildungs- und Universitätskontext genutzt werden. Grund dafür war eine Gedenkmahnwache des Arbeitskreises Kritischer Jurist*innen und der Aktion Sühnezeichen am vergangenen Freitag, den 9. November. Am 80. Jahrestag der Novemberpogrome ist sich die Leitung der sog. »Eberhard Karls Universität Tübingen« nicht zu blöd, eine Mahnwache zum Gedenken an die Opfer dieser Pogrome vom Geschwister-Scholl-Platz (!) auf den öffentlichen Gehweg zu vertreiben. Stattdessen wurde den Beteiligten als Ausweichstandort der Platz vor dem studentischen Klubhaus sowie jener vor der Universitätsbibliothek angeboten, wobei unklar bleibt, inwiefern es sich hierbei etwa nicht um Privatgelände der Universität handelt.

Ohnehin hatte die Mahnwache einen wissenschaftspolitischen Kontext: ihr Anliegen war es ausdrücklich auch, auf die vielfältigen Verstrickungen der Tübinger Universität in den Nationalsozialismus hinzuweisen. Das Verbot scheint darum umso fragwürdiger.

Die Geschichte einer Universität, deren Dozenten sich mehrheitlich in den Dienst des Nationalsozialismus stellten, die immer noch bestehende Namensgebung nach dem Antisemiten Eberhard im Bart, nun die Vertreibung mahnenden Gedenkens – all das macht das Schwiegen der sog. »Eberhard Karls Universität Tübingen« an diesem 9. November nur noch lauter.

Solche Bilder sollen in Zukunft nicht mehr entstehen dürfen: »Hambi bleibt«-Transparent der Hochschulgruppe für eine Ernst-Bloch-Uni Tübingen vor der Neuen Aula beim Climate March am 20. Oktober 2018