FAQ

Wir haben jetzt auch einen Frequently Asked QuestionsBereich! Wenn ihr weitergehende Fragen habt, die euch hier noch nicht ausreichend beantwortet werden konnten, schreibt uns gerne eine Mail an kupferbau@blochuni.org. Wir freuen uns auf eure Fragen!

  1. Was ist das Cyber Valley?
  2. Wer seid ihr?
  3. Wie kann ich mitmachen?
  4. Was spricht gegen das Cyber Valley?
  5. Was sind eure Forderungen?
  6. Wie komme ich an mehr Informationen?
  7. Warum besetzt ihr ausgerechnet den Kupferbau?
  8. Warum habt ihr euch für eine Besetzung als Protest entschieden?
  9. Ist das nicht illegal?
  10. „Warum seid ihr nicht auf uns zugekommen?“
  11. Blockiert ihr damit nicht die Lehre?
  12. Wie lange besetzt ihr noch?
  13. Gibt es bei euch Regeln?
  14. Was ist die Ernst & Karola Bloch Uni?

1. Was ist das Cyber Valley?

Das “Cyber Valley“ soll das führende Forschungszentrum für Künstliche Intelligenz (KI) in Baden-Württemberg werden. Zu diesem Forschungsverbund zählen neben der Universität, der Stadt Tübingen und dem Max-Planck-Institut, vor allem private Unternehmen, darunter das Rüstungsunternehmen ZF Friedrichshafen, die SCHUFA Holding AG, der Großkonzern Amazon sowie die größten Vertreter*innen der Automobilindustrie: Bosch, Porsche und BMW.

Kritiker*innen befürchten dadurch eine intransparente Verflechtung von privaten, wirtschaftlichen Interessen mit der freien Wissenschaft und fordern u.a. eine starke Zivilklausel. Mehr dazu unter „5. Was sind eure Forderungen?“.

2. Wer seid ihr?

Wir sind ein loser Zusammenschluss aus interessierten und engagierten Menschen, die sich nach der „Demo für eine freie Wissenschaft gegen Forschung für die Industrie, Überwachung und Krieg“ kurzfristig zur Besetzung vom Kupferbau entschieden haben. UnserEngagement gilt der kritischen Hinterfragung des Cyber Valleys, aber auch der Hochschulpolitik als solcher. Manche von uns studieren an der Uni, andere gehen arbeiten oder sind schon in Rente.

Bei uns wirken Menschen mit unterschiedlichen Vorstellungen und Zielen mit, die vielseitige Erfahrungen und Sichtweisen einbringen. Es gibt keine konspirative Clique, die die Ausrichtung und Gestaltung des Protests vorgibt oder bestimmt.

3. Wie kann ich mitmachen?

Unsere Plena sind basisdemokratisch organisiert, öffentlich angekündigt und frei zugänglich. Jede*r ist herzlich dazu eingeladen uns zu besuchen, sich selbst kritisch einzubringen und mitzubestimmen.

Bei uns fallen ständig Aufgaben an: wir freuen uns immer über Verstärkung in unseren Arbeitskreisen oder Hilfe beim (Ver-) teilen und Übersetzen unserer Inhalte! Ihr könnt euch auch bei uns melden, wenn ihr Vorträge oder Workshops anbieten möchtet. Wir freuen uns, wenn ihr Lust habt, euch einzubringen! Schaut bei der Besetzung vorbei, kommt zum Plenum oder schreibt uns eine Mail an: kupferbau@blochuni.org. Oder werdet einfach formal Unterstützer*in der Aktion: https://www.blochuni.org/Kupferbau/unterstuetzen/ Wir freuen uns auf euch!

4. Was spricht gegen das „Cyber Valley“?

Das zunehmende Sammeln von personenbezogenen Daten und deren automatisierte Auswertung und Interpretation werfen tiefgehende gesellschaftliche Fragen auf, die demokratische Prozesse und Grundrechte in Frage stellen. Manche reden sogar von einer bevorstehenden Revolution durch die Nutzbarmachung von Künstlicher Intelligenz. Im „Cyber Valley“ soll genau das erforscht werden. Wir haben das Gefühl, dass darüber noch nicht ausreichend reflektiert wurde und ethische Abwägungen gegenüber potentiellen Profiten in den Hintergrund geraten.

5. Was sind eure Forderungen?

Unsere Forderungen sind auf unserer Website unter dem Reiter „Forderungen“ zu finden oder einfach hier: https://www.blochuni.org/Kupferbau/2018/12/01/forderungen/

6. Wie komme ich an mehr Informationen?

Wenn ihr nach Informationen sucht, die ihr nicht auf unserer Websitefinden könnt, schaut gerne jeder Zeit bei uns im Kupferbau vorbei oder schreibt uns eine Mail an kupferbau@blochuni.org. Wir bemühen uns, eure Fragen so schnell und präzise wie möglich zu beantworten!

7. Warum besetzt ihr ausgerechnet den Kupferbau?

Die letzte Besetzung eines Hörsaals in Tübingen war während des großen Bildungsstreiks 2009. Damals wurde ebenfalls der Kupferbau besetzt. Da wir inhaltlich an die Proteste von vor knapp 10 Jahren anknüpfen, war es für uns nur logisch, auch wieder den Kupferbau zu besetzen. Hinzu kommen Faktoren, wie die zentrale Lage oder die relative Übersichtlichkeit des Gebäudes, sowie die ganz unterschiedliche Belegung der Hörsäle durch verschiedene Fakultäten. Dies alles macht es leichter, in einem relativ breiten Spektrum zu informieren und in Austausch zu treten.

8. Warum habt ihr euch für eine Besetzung als Protestform entschieden?

Wir haben im letzten halben Jahr unterschiedliche Protestformen praktiziert: manche von uns haben Info-Stände betreut, andere haben geflyert, es gab Demonstrationen und vieles mehr. Jetzt, wo entscheidende Abstimmungen im Gemeinderat anstehen, die maßgeblichen Einfluss auf die konkrete Ausgestaltung des „Cyber Valleys“ haben, und kritische Bereiche nach wie vor unklar sind (ethischeAbwägung, wirtschaftlicher Einfluss, städtische Entwicklungen in den Bereichen Wohnen und Verkehr…), waren wir der Meinung, endlich eine breite Öffentlichkeit schaffen- und den Druck auf die Verantwortlichen erhöhen zu müssen.

Ein bewährter ‚Klassiker‘ studentischer Proteste ist die Besetzung universitärer Einrichtungen. Proteste dieser Art gab es in Deutschland vor allem im Rahmen der 68er Bewegung. Eine Besetzung bietet sich auch deshalb an, weil es eine Protestform ist, die die Partizipation und Mitgestaltung vieler Menschen ermöglicht. Die Besetzung des Hörsaals 21 bietet einen Raum für kritische Auseinandersetzungen zu den Entwicklungen an der Universität, der sonst nicht möglich wäre. Der Protest wird dadurch erst im universitären Alltag erfahrbar.

9. Ist das nicht illegal?

Besetzungen sind eine Form zivilen Ungehorsams, der abhängig von dem „Status“ der Gebäude in unterschiedlichen Abstufungen strafbar sein kann.

Jedoch ist der Vorwurf, wir würden gegen geltendes Recht verstoßen, in diesem Fall nicht zutreffend. Aus juristischer Sicht ist die Besetzung legal, denn wir sind von der Universitätsleitung in diesem Gebäude geduldet. Mit anderen Worten: Wir haben die Erlaubnis, hier zu sein! Niemand macht sich strafbar!

Schade ist, dass es immer noch Menschen gibt, die Besetzungen pauschal als links-extremistische Aktionsform einstufen (zumindest, solange sie nicht dezidiert als „rechts“ gelabelt sind). Diesen Menschen können wir im Rahmen unseres Fragenkatalogs leider nicht weiterhelfen. Wir empfehlen an dieser Stelle in eine (selbst-) kritische Auseinandersetzung zu treten und ab und zu mal ein gutes Buch in die Hand zu nehmen.

10. „Warum seid ihr nicht auf uns zugekommen?“

Von Zeit zu Zeit werden wir von lokalen politischen Gruppen gefragt, warum wir mit unseren Bedenken nicht eher auf sie zugekommen wären, um unsere Forderungen über Gremien der Universität oder städtepolitische Strukturen einzubringen. Tatsächlich halten die Proteste und Informationsveranstaltungen rund um das Thema „Cyber Valley“ schon seit mehreren Monaten an. Allerdings sehen wir umgekehrt die organisierten Personen und Gruppen, die den hohen Anspruch haben, die Lokalpolitik (positiv) verändern zu wollen, in der Pflicht, sich aktiv über Bedenken in der Bevölkerung zu informieren und angebrachte Kritik aufzunehmen. Die arrogante Art, mit der hier von Betroffenen gefordert wird, lokale Parteien und Hochschul-Strukturen mit Themen zu füttern, ist Ursprung politischer Krisen, wie sie derzeit bspw. die SPD erlebt. Hierin liegt eine Ursache des gerechtfertigten Vorwurfs, Entscheidungsträger*innen hätten den Bezug zum Rest der Bevölkerung verloren! Diese Tatsache wurde hier erneut von Vertreter*innen der Liberalen Hochschulgruppe (LHG) und den JuSos Tübingen unter Beweis gestellt. Danke für nichts…

11. Blockiert ihr damit nicht die Lehre?

Nein. Wir stehen von Anfang an in engem Kontakt mit der Raumplanung der Universität Tübingen und bemühen uns darum, dass alle Veranstaltungen stattfinden können. Seit unserer Besetzung kam es nur ein einziges Mal zum Ausfall einer Veranstaltung, die direkt am Tag nach der Besetzung stattfinden sollte. Aufgrund eines Missverständnisses wurde diese Veranstaltung kurzfristig abgesagt, obwohl ein Hörsaal im selben Gebäude zu dieser Zeit frei gewesen wäre.

Manchmal können Veranstaltungen aufgrund der hohen Anzahl an Teilnehmer*innen nicht verlegt werden. In diesem Fall waren wir bisher immer gesprächsbereit und offen für Kompromisse, damit die Veranstaltungen nicht ausfallen mussten. Unser Protest richtet sich nicht gegen die Studierenden und ihreDozent*innen!

12. Wie lange besetzt ihr noch?

Über die Dauer der Besetzung können wir noch nichts sagen. Wir beraten hierüber regelmäßig in unseren Plena (mehr dazu unter „3.Wie kann ich mitmachen?“). Solange es genügend Leute gibt, die sich zusammenfinden, um das Gebäude weiter zu besetzen und den Protest für angemessen halten, besetzen wir weiter!

13. Gibt es bei euch Regeln?

Ja, bei uns gibt es Regeln! In den ersten Tagen der Besetzung haben wir uns in einem basisdemokratischen Grundsatzplenum auf einen Verhaltenskonsens (Stand: 30.11.2018) geeinigt. Der folgende Verhaltenskonsens hängt auch an den häufig frequentierten Stellen bei uns im Kupferbau aus und fällt durch seine bunte Farbgestaltung auf:

Wir, die Besetzer*innen des Kupferbaus, organisieren unser Zusammenleben gemeinsam und selbstbestimmt, geleitet durch folgenden Verhaltenskonsens:

  • Von uns geht keine Eskalation aus.
  • Wir gehen sorgsam mit dem Gebäude und dessen Ausstattung um. Die auch zukünftige, sinnvolle Nutzung der Räumlichkeiten ist uns wichtig.
  • Wir positionieren uns deutlich gegen jede Form von Faschismus, Rassismus, Xenophobie, Sexismus, Homophobie und andere, menschenverachtenden Ideologien und verurteilen diese.
  • Im Umgang miteinander sind wir achtsam und akzeptieren die selbst-gesetzten Grenzen Anderer, ohne diese neu zu verhandeln. Unbehagensbekundungen bedürfen keiner gesonderten Rechtfertigung.
  • Konflikte lösen wir konstruktiv und ohne die Vorverurteilung der Beteiligten. Eine Anlaufstelle für problematische Situationen ist das Awareness-Team, das in einem eigens gekennzeichneten Schutzbereich Hilfe zur Verfügung stellt.
  • Entscheidungen, die die Besetzung des Kupferbaus betreffen, werden basisdemokratisch im Plenum beraten und im Konsens entschieden.
  • Wir sind nicht-hierarchisch organisiert: Kontaktpersonen, die mit Akteur*innen außerhalb der Besetzung interagieren, leihen explizit zu diesem Zweck temporär dem Plenum ihre Stimme und sind von diesem deligiert.

14. Was ist die Ernst und Karola Bloch Uni?

Ernst Bloch, der marxistische Philosoph hinter dem »Prinzip Hoffnung«, fand 1961 nach zwei Weltkriegen und als mehrfacher politischer Flüchtling in Tübingen endlich ein Zuhause. Nach einigen Jahren als – unter Studierenden hochgeschätzter – Gastprofessor, verlieh ihm die Universität am 5. Juli 1975 die Ehrendoktorwürde. Den Festakt mit Talaren, Orchester und zahlreichen hohen Gästen nutzten Studierende, um gegen den Radikalenerlass der Regierung Willy Brand zu protestieren. »Wann ist ER dran?« mahnte ein Spruchband. Bloch zeigte Dankbarkeit für die Aufnahme in der BRD, aber auch Verständnis für die Kritik der Studierenden. Am Ende seiner Rede stellte sich Bloch auf die Seite der Studierenden, in dem er seine linke Hand zur Faust ballte, für studentisches Engagement und Kritik, für Freiheit der Lehre und Forschung an Universitäten ohne staatliche Einmischung und Repressionen. Bloch, der zwei Weltkriege erlebt hatte und mehrmals politischer Flüchtling gewesen war, wollte mit seiner Faust kein Zeichen für Gewalt, Verfolgung oder Totalitarismus setzen. Seine Haltung entsprach der des »aufrechten Ganges«, für Solidarität mit den Studierenden und für ihre Freiheit.

Als Bloch schließlich 1977 starb, widmete der Allgemeine Studierendenausschuss der Universität Tübingen den Namen ihres wichtigsten Unterstützers und solidarischen Kritikers. Die Erfahrungen dieser Jahre – die Organisierung eigener Strukturen in Fachschaften und Vollversammlungen, die Proteste, mit der trotz der Repressionen des Landes, trotz der Übermacht der Professor*innen, trotz Rechtsextremen in der Studierendenvertretung (Hochschulring Tübinger Studenten), trotz allen Widrigkeiten – haben die Universität Stück für Stück und in vielen Bereichen durch solidarische Mitgestaltung nachhaltig verändert. Diese Erfahrungen halten bis heute in vielen Bereichen an. Viele Gruppen beriefen sich mittels der »Blochfaust« auf diese Tübinger Tradition, gemeinsm für eine solidarische, studentisch mitbestimmte Universität einzutreten. Die Fachschaftenvollversammlung verwendete lange Zeit die Blochfaust als ihr Symbol und noch heute führen einige Fachschaften die Blochfaust als Logo.

Heute besteht die Ernst-Bloch-Uni Tübingen aus Studierenden, welche eine Universität wollen, an der unser aller Stimmen zählen. Sie steht ein für eine (selbst-) kritische Auseinandersetzung mit unserer Vergangenheit und der – zunehmend durch Repression, Wirtschaftlichkeitsdruck und Rechtsruck geprägte – Gegenwart. Denn: Nichts ist menschlicher als zu überschreiten, was ist. Zweifelnd schreiten wir voran.

Eine ausführlichere Fassung gibt es unter: https://www.blochuni.org/ueber/blochuni-heute/