DIE LINKE Baden-Württemberg solidarisiert sich mit den Kupferbau-Besetzer*innen in Tübingen

An die Besetzer*innen des Kupferbaus an der Universität Tübingen:

DIE LINKE Baden-Württemberg erklärt sich solidarisch mit euch, den Besetzer*innen des Kupferbaus in Tübingen. Wir begrüßen eure Forderungen und euren beispielhaften Aktivismus für eine friedliche Wissenschaft. Starke Zivilklauseln wie ihr sie fordert und wie wir sie gerne landesweit umgesetzt sehen würden, betrachten wir als ein zentrales Einstiegsprojekt für eine kritische Wissenschaft in gesellschaftlicher Verantwortung. Versuche wie im Fall des Cybervalleys, Zivilklauseln zu umgehen, indem etwa Universitäten intransparente Ausgründungen von Forschungsinstituten in Kooperation mit Rüstungsunternehmen vornehmen, lehnen wir ab. Zivile Universitäten müssen zivil bleiben. Forschung die militärischen Zwecken dient oder durch Rüstungskonzerne oder Verteidigungsministerien haben an zivilen Hochschulen nichts verloren.

Wie ihr wendet sich DIE LINKE gegen die Unterwerfung von Bildung und Forschung unter die Zwecke der Profitmaximierung. Wie ihr lehnen wir die Exzellenzinitiative ab und stehen stattdessen für eine solide Ausfinanzierung aller Hochschulen und Universitäten. Der ausufernden Drittmittelfinanzierung wollen wir ein Ende setzen.

DIE LINKE steht für eine grundlegende Demokratie-Reform an der Hochschule. Wir wollen eine Viertelparität in allen Gremien der akademischen Selbstverwaltung.

Die von euch geforderte finanzielle Entlastung vonStudierenden streben auch wir an: es ist ein Skandal, dass nur noch 1/5 aller Studierenden BAföG erhält. Die Höhe des BAföG reicht zudem insbesondere wegen der hohen Mietkosten in Unistädten bei weitem nicht aus, um die Lebenshaltungskosten von Studierenden zu decken. Mittelfristig streben wir ein elternunabhängiges BAföG als Vollzuschuss an.

In der Debatte über den gesellschaftlichen Umgang mit Künstlicher Intelligenz, wie sie auch anhand der Cyber Valley-Pläne zu führen ist, steht für uns als LINKE außer Frage, dass es eine gesellschaftliche Ächtung autonomer Waffensysteme braucht. Algorithmen dürfen nie die Entscheidung über Leben und Tod tragen.

Wir wünschen euch in eurem weiteren Aktivismus viel Kraft und Ausdauer, um den Widerstand gegen einen militarisierten und ökonomisierten Lehr- und Forschungsbetrieb aufrecht zu erhalten.

Euer Alexander Hummel für den Landesvorstand der LINKEN Baden-Württemberg

Stellungnahme von NatWiss e.V. – NaturwissenschaftlerInnen-Initiative Verantwortung für Frieden und Zukunftsfähigkeit

Solidaritätsbekundung mit dem Protest Tübinger Studierenden gegen die Militarisierung der Forschung

Ein Teil der Universität Tübingen wurde besetzt. Anlass ist u. a. das rüstungsrelevante Projekt „Cyber Valley“ (Informationen unter http://www.imi-online.de). Im Zentrum steht die zivil-militärische Zusammenarbeit zur Erforschung künstlicher Intelligenz. Sie konterkariert damit die Arbeit von tausenden (Natur-)WissenschaftlerInnen und Ingenieuren in aller Welt, die sich für Frieden und die Lösung von drängenden Problemen einsetzen.

Die Besetzung ist daherein überfälliger Schritt, den die NaturwissenschaftlerInnen-Initiative ausdrücklich begrüßt. Der zu Recht von den Tübinger Studierenden kritisierte Einfluss privater Großunternehmen, insbesondere der rüstungsrelevanten Industrie, und die forschungsethisch problematische Exzellenzinitiative des Bundes sind nur zwei von vielen Beispielen, in welchem Umfang Universitäten betroffen sind. Universitäre Lehre und Forschung stecken seit Jahren in einer tiefen und permanenten Krise. Der Handlungsrahmen der universitären Selbstverwaltung ist mittlerweile stark eingeschränkt, die grundgesetzlich abgesicherte Autonomie der Forschung und Lehre gerät mit solchen Projekten weiter unter Druck.

Dabei ist die Universität nur einer der Orte in der Gesellschaft ,die von dieser Entwicklung betroffen sind. Während die Profite der Privatwirtschaft exorbitante Ausmaße annehmen, sind große Teile der Gesellschaftvon den Folgen dieser Entwicklung bedroht. In dem Projekt des sogenannten „Cyber Valley“  laufen diese problematischen Entwicklungen exemplarisch zusammen. Politik und Wirtschaft arbeiten eng zusammen und schaffen neue Abhängigkeiten der Hochschulen Tübingen und Stuttgart. Die resultierende Auftragsforschung zu künstlicher Intelligenz ist auf eine schnelle Lieferung marktfähiger Anwendungen ausgerichtet und direkt an Kriegseinsätze gekoppelt.

Die beschriebenen Abhängigkeiten erschweren eine dringend benötigte kritische Auseinandersetzung der ForscherInnen und der Öffentlichkeit mit ihrer Verantwortung für die Folgen dieser Forschung. Universitätsleitungen, -verwaltungen und Professorenschaft haben sich in diesem Krisenmodus eingerichtet. Studierendenstreiks sind ein legitimes Mittel, diese Bequemlichkeit des Weiter-so aufzubrechen. Doch die Entwicklungen seit 2009 haben gezeigt, dass punktuelle Brüche alleine keine bleibenden Veränderungen erreichen können.

Die NaturwissenschaftlerInnen-Initiative plant daher für 2019 die Wiederbelebung und Weiterentwicklung der Proteste auf dem Gebiet der – (natur)wissenschaftlich relevanten, aber defizitären – Zivilklauseln. Weitere Themengebiete werden in Zusammenarbeit mit Mittelbau, Studierenden, Professoren und Gewerkschaften folgen.

Die Fragen von Verantwortung in Wissenschaft, Forschung und Lehre für eine friedliche, klimagerechte Welt sind drängendste Fragen der Gegenwart. NatWiss lädt dazu ein, gemeinsam Positionen und praktische Schritte zu entwickeln, um Antworten auf diese Fragen zu finden. Wir rufen die Kolleginnen und Kollegen, Professores, Mittelbau und Emeriti dazuauf, sich an den legitimen Protesten zu beteiligen und in Lehrveranstaltungen und Seminaren die Entwicklung der Universitäten zu thematisieren. Fachleute von NatWiss e.V. stehen für dezentrale Diskussionsveranstaltungen auf Anfrage zurVerfügung.